Hochzeitschießen

Aus Helmsheim

Hochzeitszug

Wurde in Helmsheim eine Hochzeit gefeiert war es üblich, dass das Brautpaar mit seiner Hochzeitsgesellschaft zu Fuß zur Kirche ging.

Hochzeitschießen

Dabei folgte ihnen in einem gewissen Abstand eine Gruppe Männer die sich aus den Schulkammeraden und den Freunden des Bräutigams zusammensetzte. Mit krachendem Getöse, in einer riesigen Rauchwolke, begleiteten sie ihren Kammeraden auf dem Weg zur Heirat und verabschiedeten ihn so aus dem Jungesellenstand.

Hochzeitszug

Während der Hochzeitszeremonie wurde bei der Kirche eine Wache abgestellt. Diese meldete, wenn das Ja Wort gegeben wurde. Da wurde dann mit allen Böllern gleichzeitig eine Salve abgegeben. Die Pfarrer war meist nicht so sehr begeistert, wurde er doch aus seiner Konzentration gar heftig aufgeschreckt. Mit lautem Krachen wurde dann das Hochzeitspaar wieder zurückbegleitet. Artig bedankte sich das Brautpaar und lud die Hochzeitsschützen zu einem Umtrunk ein .Hier wurde in feucht - fröhlicher Runde Manöverkritik geübt und lustige Anekdoten aus der Vergangenen erzählt. War der „Lademeister“ Edgar dabei, wurden auch die Stimmbänder ordentlich strapaziert. Am späteren Abend kam es auch vor, dass das Brautpaar auftauchte und sich an der lustigen Runde beteiligte.

Böller

Hochzeitsböller

Die Böller wurden alle selbst gebaut. Ein Eisenzylinder wurde mit einer Bohrung versehen und ein Stößel mit dem passenden Durchmesser zurechtgesägt. Dabei musste der Durchmesser beachtet werden, damit kein größerer Rückstoß entsteht. Eine Geißen Kette wurde am Ende des Stößels und des Zylinder angeschweißt und mit einen zugeschnittenen Kartoffelsack umwickelt. Zur Benutzung wurde dann in der Apotheke Natron saureres Kali und Schwefel gekauft. In der richtigen Mischung entstand ein Gemisch, ähnlich dem Schwarzpulver, das unter Druck eine heftige Explosion auslöste. Zum Schutz der Ohren hatte natürlich jeder seine Wattekügelchen gestopft. Der beim Aufschlag des Böller entstehende Knall war mit dem einer kleinkalibrigen Kanone vergleichbar. Dem "Lader" kam dabei eine wichtige Rolle zu. Er musste, mit einem Löffel richtig dosiert, das Pulver in die Bohrung des Zylinder füllen


Nachtrag

Natürlich wurde ein Hochzeiter, wenn er in einem benachbarten Dorf heiratet, dorthin mit dem selben Donner begleitet. Es war aber abzusehen, dass diese Tradition nicht haltbar war. Mit der Mobilität der Leute änderte sich der Ablauf der Hochzeit. So erfolgte der Weg zur Trauung in einem Autokorso. Die Fahrt wurde mit dem Hupkonzert der Autos begleitet. Die Verwaltung wollte nicht mehr, dass ihre Straßen mit den schwarzen Brandflecken übersät wird. Auch wurden die neuen Gehwegsteine öfters von den größeren Böller beschädigt.

Anekdoten

  • Bei der Hochzeit vom Schorsch Schwedes fuhren die Helmsheimer mit dem Traktor nach Ruit. Es wurde so heftig geschossen, dass angeblich sogar eine Kuh vertragen hatte.
  • Richard Schührer bekam zur Goldenen Hochzeit geschossen. Er hat es vermisst, dass bei seiner Ersten es nicht möglich war.
  • Vor der Kirche lag, wegen des Kirchenbeginns, noch ein geladener Böller. Als Walter Specht darüber stolperte wurde die Zündung ausgelöst. Der Bolzen schoss das Fersenteil von seinem Schuh weg. Sonst war aber nichts passiert.