Ortsschelle

Aus Helmsheim

Ausscheller



Winter Adolf
Schelle

Adolf Winter war Polizeidiener in Helmsheim. Als Ordnungshüter wurde er allseits respektiert und mit seiner Uniform war er vom Ortsbild nicht wegzudenken. Zusätzlich führte er als Ratsdiener Botendienste aus. Nebenher betrieb er eine kleine Landwirtschaft und seine Frau Mine war in der Poststelle tätig. Die Kinder hatten einen heidenrespekt vor ihm. Wenn sie abends länger auf der Straße spielten und die Eltern drohten: "Glei kummt da Bolizeidiener vorbei", ging es auf dem schnellsten Weg nachhause.
Zu einer weitere Aufgaben zählte das Ausschellen von Nachrichten. Wenn er zum Ausschellen unterwegs war, mussten die Leute konzentriert zuhören, wenn er mit seiner grummeligen Stimme seine Mitteilungen vorlas. Hatte man den Text nicht richtig verstanden, ging man einfach hinter ihm her. Bei seinem nächsten Halt, wo er die Nachricht wiederholte, konnte man noch einmal zuhören. So zog er durch das ganze Dorf und überbrachte die Nachrichten.

Adolf Winter hat beim Ausschellen ab und zu mal einen Schnaps bekommen. Ida, eine ledige Dame im gesetzten Alter in der Bahnhofstraße - sie hatte einen guten Selbstgebrannten. Eines Tages hat sie nicht reagiert und er sagt zu ihr: "Ida hasch ghert, s isch Mitterberatungsstund". Sie: "Des geht mich nix o". Er: "Des isch a für werdende".
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges musste er auch die Stellungsbefehle zustellen und später die Gefallenenmeldungen an die Hinterbliebenen überbringen.



Ortsrufanlage


Hausfasade Jöhlingerstraße

Wenn es knackt, rauscht und die Fanfaren aus der Ortsfunkanlage ertönten, gingen im Dorf die Fenster auf und die Leute kamen auf die Straße. Die Dorfkinder hatten ihren eigenen Text zu der Melodie: "Alde guck raus, Alde guck raus...".
ACHTUNG ACHTUNG..

So wurden die Nachrichten eingeleitet. Vom Dienstzimmer des Bürgermeisters aus wurden die Nachrichten über einen Verstärker auf die im ganzen Ort verteilten Lautsprecher übertragen. Inhaltlich wurden Informationen, Aufforderungen und Hinweise der Ortsverwaltung gesendet. Natürlich wurden dabei zeitlich die Bauern mit ihrer Feldarbeit berücksichtigt, sodass die Meldungen meist um die Mittagszeit und abends gesendet wurden.

Lautsprecher

Wann und wie lange wird das Wasser abgestellt? Bekanntgaben über Notschlachtungen. Wann kommt der Wagen mit den Legehennen? Welcher fahrende Händler verkauft wieder wo und wann? Wann wird das Tabakgeld ausbezahlt?

Aber auch die Vereine nutzten die Anlage, wenn zum Beispiel die Singstunde kurzfristig ausfiel oder die Feuerwehr eine Übung machte. Privat wurde sie ebenfalls für Danksagungen bei Familienereignisse wie Geburtstag, Jubiläum oder Beerdigung benutzt. Als Dankeschön wurde dann auch schon mal eine Schallplatte für die Anlage gestiftet. Ein schöner Brauch war es, den Altersjubilaren ein Ständchen über die Lautsprecher vorzuspielen. Bei Hochzeiten wurde das Brautpaar auf dem Weg zur Kirche mit Musik aus den Lautsprechern begleitet. Bei der Auswahl der Lieder war man nicht zimperlich und machte manchmal eine Späßchen daraus. So ertönte bei einem Männergeburtstag schon mal das Lied: "Durst ist schlimmer als Heimweh…“, oder bei der Hochzeit von Helene: "Ich fang für euch den Sonnenschein…“ – Sie hieß anschließend Sonnenschein.