Gasthaus Adler

Aus Helmsheim


Wirte vom Gasthaus Adler



Valentin Süpfle

Heinrich Keim

Karl Hähnle

Albert Wipfler

Josef Wild


Als erste Wirt wurde Johann Karl Pfeffer erwähnt, als er verwitwet 1736 die Witwe Catharina Laber geb. Müller aus Unteröwisheim heiratete. Er war somit der erste Wirt im Adler und Gerichtsverwandter (Gemeinderat).

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Danach ging die Wirtschaft an den Bäckermeister Georg Christoph Bucher. Vermutlich war hier die Verbindung zu seinem Patenonkel Georg Christoph Pfeffer ausschlaggebend. Seine Eltern waren Waldenser die aus dem Piemont vertrieben wurden. Georg Christoph Bucher hatte keine männlichen Nachkommen. Seine Tochter Eva Barbara Bucher heiratete Karl Ludwig Peter Marx Bittrolff aus Rüppurr. Dieser erbaute den Gasthof, in der Form, so wie er heute besteht.

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Als Georg Christoph Bucher 1784 verstarb heiratete seine Witwe den Bäcker Johann Georg Kanzler. Dieser betrieb das Gasthaus (zu mindestens) ab 1806 als Karl Ludwig Peter Marx Bittrolff mit 42 Jahren verstarb. Die Nachkommen von Karl Ludwig Peter Marx Bittrolff haben später das Gasthaus zum Lamm gegründet. Da keine familiäre Verbindung zu den Vorbesitzern bestehen, hat vermutlich Christian Dummler als nächster den Adler gekauft, er wird als folgender Adlerwirt erwähnt. Jakob Friedrich Süpfle aus Oberacker heiratete die Tochter von Christian Dummler und übernahm in erster Generationen der Helmsheimer Süpfle als Wirt die Gaststätte. Ihm folgte Valentin Süpfle der durch seine großzügigen Spenden, für den Bau der evangelischen Kirche, hohes Ansehen im Ort erlangt hatte. Von 1919 - 1931 verpachtete er die Gaststätte. An seine Neffen Jakob Friedrich der im 1. Weltkrieg fiel und Christian Wilhelm. Danach an Heinrich Keim und an Karl Hähnle. Als er 1948 kinderlos verstarb wurde sein Vermögen versteigert um die Forderungen der Erbengemeinschaft zu befriedigen. Die Witwe erhielt mit ihrem Pflichtteil und einer verbrieften Mitgift von 32.000 Goldmark den Großteil der Liegenschaften, wozu auch das Gebäude des Adlers gehörte. Nach ihrem Tod erbte ihre Nichte und Pflegetochter Lina Schwedes das Anwesen. Nun wurde aus dem "Goldenen Adler" der "Adler". Ihr Ehemann Albert Wipfler betrieb die Landwirtschaft und die Gaststätte. Als letzter Adlerwirt war Josef Wild tätig. Er war mit der Tochter von Albert Wipfler verheiratet. Zunächst betrieb er mit seiner Frau nebenberuflich und ab1970 bis zur Schließung 1989 hauptberuflich die Gaststätte.


Gasthausbetrieb



Tanzschule Abschlussball

Neben dem Schankraum gab es im Adler ein Nebenzimmer und einen Festsaal im ersten Obergeschoss. Das Nebenzimmer wurde für Familienfeiern vermietet und diente auch den Vereine als Versammlung- und Besprechungszimmer, Mitte der 1950er Jahre wurde es auch als Fernsehzimmer genutzt. War die Anfangszeit des Fernsehen ein Segen für die Gastwirte, so wurde sie bald zum Fluch, nachdem sich die Familien selbst einen Fernseher leisten konnten. Zur Fußballweltmeisterschaft 1954 war im Adler kein Sitzplatz zu bekommen, später blieben die Sitzplätze leer. Die meisten verweilten bei ihrem Pantoffelkino zu Hause. Selbst die Vereine hatten Probleme ihre Mitglieder vom Fernseher wegzulocken. Ende der 60er Jahre tauchte der Begriff Drehscheibe auf. Die jungen Leute hatten teilweise Mopeds oder Autos und verabredeten sich zu gemeinsamen Ausfahrten in die näheren Umgebung. Wenn sie spät in der Nacht beladen zurückkamen, blieb dem Wirt meist nur der versäumte Schlaf.



Kindergarten und Sozialwohnungen



Kindergarten Adler 1927



Bis zur Fertigstellung des Kindergartens bei der evangelischen Kirche stellte Valentin Süpfle der Gemeinde die Räumlichkeiten für eine Kleinkinderschule zur Verfügung. Der Schulbetrieb erfolgte unter der Leitung der evangelischen Kirchengemeinde. Die Kinder wurden von Diakonissen betreut.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieg wurden Heimatvertriebene in den Wohnbereich des Adlers einquartiert. Mehrere Familien fanden hier übergangsweise auf engstem Raum eine Unterkunft.



Gott hat in Gnaden den Durst geschaffen, aus Bosheit der Teufel den Kater und Affen


Diesen Spruch konnten die Gäste jahrelang auf einem Balken im Gastraum des Adlers lesen. Wobei der Kapo, so nannte man die Wirte vom Adler, immer etwas philosophisch seine Weisheiten von sich gab. Sie waren stets geachtet. Wenn die Notwendigkeit bestand, wurde die Zeche auch mal auf einen Zettel geschrieben und neben der Kasse abgelegt.
Der runde Tisch war der zentrale Ort in der Wirtschaft. In der Nähe von ihm stand ein alter Sägemehlofen der in der kalten Jahreszeit ordentlich gestopft wurde, und so für Wohlbefinden und den notwendigen Umsatz sorgte. Im Frühjahr konnte es schon mal vorkommen, dass ein paar übermütige Gäste den Tisch auf den Adlerhof stellten und dem Pfarrer beim Gang zur Messe freundlich zuwinkten. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viele Leute an so einen runden Tisch platz hatten . Erst wenn sie nicht mehr ihr Bierglas erreichten, wurde eine zweite Reihe aufgemacht oder die Kartenspieler an einen Nebentisch verbannt. Es ist erstaunlich mit welchen einfachen Regeln sich die Menschen da geordnet unterhalten konnten. Mehrere Gesprächsgruppen wurden nicht geduldet. Es wurde solange das Thema gewechselt, bis die ganze Runde es aufnahm und etwas dazu sagen hatte. Nur wenn das Thema politisch war konnte es manchmal etwas lauter werden. Dann machte sich aber der Kapo hinter der Theke bemerkbar. Wenn die Argumente nicht seiner Gesinnung entsprachen wechselte er geschickt das Thema und sorgte wieder für eine friedliche Runde.
"Aaaadut!"

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Wenn dieser Ausruf ertönte war eine Kartenrunde aktiv. Hier wurde vormittags um Pfennige gekämpft und jeder Fehler mit einer Schimpfkanonade begleitet. In früheren Zeiten war es ein Markenzeichen dieser Herren, dass sie ihre Hüte aufbehielten. Sie spielten Cego, Doppelkopf oder Binokel. In neuerer Zeit wurden die Spiele durch Skat und Mau-Mau abgelöst. Der Vormittag war die Zeit der Kartenspieler. Wenn es besonders hitzig zuging konnte es schon einmal sein, dass ein Kind auftauchte: "Babba du solsch zum Essa hom kumma". Für die hartnäckigen Quengler gab es auf der Theke eine Glasvitrine, in der für solche Fälle immer ein "Gutzel" bereitlag.
Natürlich gab es auch geplante Veranstaltungen. So fanden mit Erbauung des Festsaals zu bestimmten Anlässen Tanzveranstaltungen an den Wochenenden statt. Dies veranlasste die Verwaltung in der Schulordnung (§19 [1]) eine Regelung für Schüler zu treffen.
Spontane Anlässe gab es genügend und je nach "Befüllungsgrad" wurden sie sofort oder noch am selben Tag ausgeführt. So ist überliefert, dass die Militärvereinsfahne des Öfteren vom Rathaus "geholt" wurde und unter singender Begleitung auf dem runden Tisch geschwenkt wurde. Die Helmsheimer waren nicht die klassischen Fastnachter wie in den umliegende Orten. Aber am Fastnachtsdienstag kam schon mal einer auf die Idee: "Heut Abend wird die Fassend beerdigt" - und dies wurde dann auch mit großer Beteiligung ausgeführt. So oder ähnlich wurde auch der Vorläufer des heutigen Musikvereins im Adler gegründet, der mit Kriegsbeginn wieder aufgelöst wurde.


Fußnote:

  1. §19. Den Volks- und Fortbildungsschülern (Schülerinnen) ist der Besuch der Tanzböden und Wirtshäuser ohne unmittelbare Beaufsichtigung durch die Eltern oder andere Fürsorger verboten.